Sam Nujoma ist tot – ein Nachruf

Am 8. Februar 2025 verstarb Samuel Daniel Shafiishuna Nujoma, eher bekannt als Sam Nujoma. Als Tatekulu (großer Mann) gilt er in Namibia als Vater der Nation.

Er gehörte zu den prägenden Männern Namibias, die sich im antikolonialen Kampf gegen das damalige südafrikanische Rassistenregime und schließlich bei der Gestaltung des jungen Namibias engagierten.

Geboren am 12. Mai 1929 in Ongandjera bei Okahao besuchte er eine Missionsschule, später eine Abendschule in Windhoek. Als junger Mann arbeitete er unter anderem als Reinigungskraft bei South African Railways. Er engagierte sich im Befreiungskampf und wurde 1959 zum Vorsitzenden der Ovamboland People’s Organisation (OPO) gewählt. Am Ende jenes Jahres kam es zu Protesten gegen Zwangsumsiedlungen in Windhoek. Die Polizei erschoss elf Namibier und verletzte 44. In Reaktion darauf gründeten Sam Nujoma und seine Mitstreiter im April 1960 die South West Africa People’s Organisation (SWAPO) als gesamtnationale Befreiungsorganisation für das damalige Protektorat South West Africa. Sam Nujoma wurde ihr Präsident. Für ihn selbst begann ein etwa 30-jähriges Exil in verschiedenen afrikanischen Staaten.

Der bewaffnete Kampf der SWAPO gegen die südafrikanische Besatzung begann 1967. Es folgte ein etwa 20-jähriger blutiger Krieg um die Befreiung der Heimat; Tausende Mitkämpfer von Sam Nujoma fielen in diesem Kampf. In jener Zeit war die Kolonialmacht Südafrika trotz Apartheid-Politik wohlwollend in die westliche Welt eingebunden.

1962 kam Sam Nujoma erstmalig in die DDR. Wie andere Namibier erhielt er eine journalistische Ausbildung. 1975 weilte er bereits zum dritten Mal in diesem deutschen Staat. Die Forderung der SWAPO auf volle Unabhängigkeit und nationale Selbstbestimmung wurde seitens der DDR stets unterstützt, seit ihrer Mitgliedschaft in der UNO auch in diesem Gremium.

Nach dem Überfall südafrikanischer Truppen im Mai 1978 auf das SWAPO-Flüchtlingslager Cassinga in Angola organisierte das Solidaritätskomitee die Heilbehandlung und Rehabilitation von SWAPO-Kämpfern in der DDR. Kinder von SWAPO-Kämpfern aus Cassinga erhielten die Möglichkeit, in Staßfurt und Bellin die Schule zu besuchen. Zugleich wurde die SWAPO von DDR-Spezialisten beim Start in die Unabhängigkeit beraten.

Am 19. März 1989 unterzeichnete Sam Nujoma ein Waffenstillstandsabkommen mit Südafrika. Ein knappes Jahr später wurde er am 16. Februar 1990 von den Mitgliedern der Verfassungsgebenden Versammlung Namibias zum ersten Staatspräsidenten gewählt. Die Bestätigung in diesem Amt erfolgte am 21. März 1990 durch den UN-Generalsekretär Pérez de Cuéllar. Es war jener Tag, an dem im Jahr 1960 im südafrikanischen Sharpeville die Polizei des Apartheidstaates auf afrikanische Demonstranten schoss; 69 Menschen wurden getötet, unzählige verletzt.

Im Verlaufe seiner ersten Amtszeit war er bestrebt, die tiefe Spaltung der namibischen Gesellschaft zu überwinden. Er akzeptierte weitgehend die Privilegien für die weiße Minderheit. 2005 entschied er sich, sein Amt als Staatspräsident abzugeben. Er blieb aber weiterhin „Führer der namibischen Revolution“.

Als Politiker prägte Tatekulu Namibia. Mit seinen Weggefährten ebnete Sam Nujoma den Weg Namibias zu einem demokratischen Nationalstaat.

Joachim Oelßner